Viele Unternehmen, die Innovationsprogramme für Mitarbeiter einführen, sehen sich unweigerlich mit Schwierigkeiten konfrontiert: Sie starten ihre Innovationsinitiative mit großem Tamtam und sehen auch die Vorteile eines kampagnenbasierten Innovationsansatzes – sind aber dann mächtig enttäuscht, wenn die eingereichten Ideen der Mitarbeiter nicht den gewünschten Nutzen bringen. 

 

Und warum? Schon der Philosoph John Dewey wusste:

 Ein gut formuliertes Problem ist halb gelöst.

Das heißt, viele Organisationen begehen einen gravierenden Fehler: Das Problem, das sie zu lösen versuchen, ist nicht gut formuliert. Dabei geht es nicht um korrekte Grammatik, sondern generell um die Fragestellung bei einer Kampagne was und wie gefragt wird. Die Folgen sind absehbar: unzureichende, wenig wertvolle Ideen. 

Wir zeigen Ihnen, was passiert, wenn ein Problem aus Sicht der Mitarbeiter nicht gut formuliert wurde. Wenn Sie die folgenden drei Fehler verstehen und vermeiden, finden Sie sehr viel eher neue Ideen mit großen Potenzial.

Fehler #1: Überfrachtete Frage

Eine Frage an eine Gemeinschaft bzw. Community zu richten, ist grundsätzlich eine wunderbare Form der Beteiligung: Sie haben die Aufmerksamkeit von vielen Menschen und erhalten unterschiedlichste, interessante Antworten. Eine großartige Möglichkeit also, ein komplexes Problem zu lösen!

Aber, hey, da Sie ja schon die Aufmerksamkeit der Leute haben, können Sie gleich  weitere Bereiche ansprechen, so müssen Sie später nicht extra nachfragen. Das ist die "überfrachtete Frage". Hier die abgewandelte Version einer Frage an Mitarbeiter:

Wie könnten wir wettbewerbsfähiger werden? Denken Sie dabei an neue Einnahmequellen, Effizienzsteigerungen, nicht wertschöpfende Arbeit, Margenverbesserungen etc.

Einkünfte. Operative Effizienz. Bürokratie. Gewinnspannen. Alles in einer einzigen Frage. Sogar "etc" kommt vor. Hier wird nach allem gefragt, nur nicht nach...

Bild4

Abb. 1 (und Anm. d. Redaktion): Als Kitchen Sink (dt. Küchenspüle) wird in der Softwareentwicklung zwecks Kritik eine Funktionalität bezeichnet, die maximal von der ursprünglichen Kernfunktion der Software entfernt ist. Hier wird humoristisch impliziert, dass die Grenze dessen, was Teil der Software sein solle, überschritten sei, und als Nächstes die Funktionalität einer Küchenspüle hinzugefügt würde eine Reduktion auf das Absurde. Der Begriff entstammt der engl. Redewendung „Everything but the kitchen sink“, die „so ziemlich alles, was nicht niet- und nagelfest ist“ bedeutet (Quellen: HYPE Innovation, Wikipedia, Duolingo).

Ein klassischer Fall von Überforderung. Probleme, die bei dieser Frage auftreten:

  • Die Ideen sind zu breit gestreut und die Mitarbeitenden haben widersprüchliche Definitionen im Kopf, was "wettbewerbsfähiger" konkret bedeutet.
  • Die Basis zur Bewertung der unterschiedlichen Ideentypen variiert sehr stark      (z. B. neue Einnahmequellen oder Bürokratieabbau). Wie soll man diese verschiedenen Ideen effektiv bewerten?
  • Die Breite der eingereichten Ideen beeinträchtigt die Fähigkeit der Crowd, einen bestimmten Themenbereich inhaltlich zu vertiefen. Es ist schwierig, auf Ideen aufzubauen, die so unterschiedliche Themen behandeln.

Fehler #2: Zu spezifisch! Nicht spezifisch genug!

Achten Sie darauf, welche Antworten Sie erhalten möchten, wenn Sie eine Frage stellen. Zu Beginn sehen die Erwartungen an eine bestimmte Kampagne in etwa so aus:

Bild7
Abb. 2: Quelle: HYPE Innovation

Das sind die Erwartungen, aber dann gibt es da noch die Realität. Fakt ist: Der spezifische Grad der Fragestellung wirkt sich immer auf die Breite Ihrer Ergebnisse aus. Anders ausgedrückt: Die Art und Weise, wie Sie Ihre Kampagnenfrage stellen, wirkt sich auf die Ideen aus, die Sie bekommen werden.

Manchmal werden sehr spezifische Ideen benötigt. Zum Beispiel könnten Sie so eine Frage stellen: Wie können wir den Kraftstoffverbrauch unserer LKW-Flotte bei der Anlieferung und Abholung von Waren in unseren Lagern reduzieren? Aufgrund dieser spezischen Fragestellung wird die Bandbreite der Ergebnisse stark eingegrenzt.

Sie können aber auch Fragen stellen, die zu einem breiten Antwortspektrum führen. Und damit ist nicht die überfrachtete Frage gemeint, bei der zu viele Themen auf einmal abgefragt werden. Vielmehr konzentriert man sich hier auf ein Thema aber mit einer gewissen "bewussten Unklarheit", um den Raum für Ideen zu öffnen. Zum Beispiel könnte man fragen: Wie können wir unsere Vertriebsprozesse ändern, um Waren besser zu liefern? Dadurch wird das Spektrum der eingereichten Ideen erweitert. Eine so offene Frage triggert "Blue-Sky-Thinking" kreatives Denken – wodurch die Ergebnisse sehr viel breiter und zahlreicher ausfallen werden.

Die Effekte der verschiedenen Fragestellungen lassen sich so darstellen:


Bild5-1
Abb. 3: Quelle: HYPE Innovation

Organisationen begehen oft den Fehler, dass sie zu hohe Erwartungen haben. Sie erwarten wertvolle Ideen mit gutem Potenzial – aber sie bekommen einen Haufen verrückter Ideen, die nicht ihre Anforderungen erfüllen. Und sie sind nicht bereit, sich mit unorthodoxen Ideen zu beschäftigen, die Gamechanger sein könnten.

Oder sie sind auf der Suche nach besonders kreativen "Blue-Sky"-Ideen. Aber ihre Frage war so spezifisch, dass die Mitarbeiter gar nicht wussten, dass das erwartet wurde. Dann ist die Überraschung groß, wie langweilig die eingereichten Ideen sind.

Kurz: Formulieren Sie Ihre Fragestellung so, dass Sie bereit sind für die Antworten. 

Fehler #3: Wer ist der Absender?

Wichtig ist auch, wer die Anfrage an Mitarbeiter stellt und um Ideen bittet. Warum? Weil Mitarbeiter die Legitimität und Bedeutung der Kampagne sofort danach beurteilen, von wem die E-Mail stammt.

Werfen Sie einen Blick auf die zwei E-Mails unten. Beide kündigen die gleiche Innovationskampagne an. Aber beachten Sie die unterschiedlichen Absender:

Bild3-4

Abb. 4: Quelle: HYPE Innovation

Die E-Mail auf der linken Seite vermittelt den Eindruck, dass es sich um ein Projekt handelt, das von einer Gruppe initiiert wurde, die die Belegschaft nicht wirklich gut kennen. Das Beste, was die Initiatoren hier tun können: Die Ideen an die zuständigen Führungskräfte weiterleiten und von ihnen prüfen lassen. Warum sollte ein Mitarbeiter Zeit und Mühe in diese Kampagne investieren?

Die E-Mail auf der rechten Seite stammt von einer Führungskraft, die die Mitarbeiter ganz offensichtlich kennen. Der Manager vermittelt Autorität und den Eindruck, dass ihm diese Kampagne wirklich wichtig ist. Er spricht explizit über die Ideen, nach denen gesucht wird, und untermauert die Initiative mit einem echten Aktionsplan. Sowohl die Anwesenheit der Führungskraft als auch die Angaben dazu, wie Ideen berücksichtigt und entwickelt werden sollen, erhöhen die Legitimität der Initiative erheblich. Für Mitarbeiter wird es sich lohnen, sich an der Kampagne zu beteiligen.

Kurz: Denken Sie an den Absender! Vergessen Sie nicht, wer die E-Mail versendet und wie sich das auf die Beteiligung an Ihrer Kampagne auswirken kann.

Sie haben weiterführende Fragen zu Methoden im Ideenmanagement oder allgemein zum Thema Ideenmanagement? Schreiben Sie uns: marketing@hype.de

Gehe zu Abschnitt