"Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind ein günstiger."

... das sagte der römische Philosoph Seneca. Und ich ergänze : Wer keine klar definierten Ziele im Ideenmanagement hat, der kann sein Ideenmanagement auch nicht steuern! Die Vorgehensweise dazu erfahren Sie in diesem Artikel.

photo-1558442110-1d80e192e153Hinweis der Redaktion: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Artikel die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

Lassen Sie uns den Begriff Ideenmanagement zunächst einmal kritisch hinterfragen. Der Begriff Ideenmanagement als solches ist im Vergleich zu anderen etablierten Veränderungs- und Verbesserungsmethoden durchaus nicht eindeutig trennscharf definiert. Es herrscht also kein einheitliches unternehmensübergreifendes Verständnis, was unter dem Begriff Ideenmanagement in Unternehmen zu verstehen ist. Und so sind auch ganz unterschiedliche Ausprägungen in der Praxis zu finden. Diese reichen von einem klassischen Betrieblichen Vorschlagswesen (BVW) „alter Schule“ bis hin zu einem reinrassigen Innovationsmanagement. Es lohnt sich, hier also genauer hinzuschauen und zu hinterfragen, was das einzelne Unternehmen jeweils unter dem Begriff Ideenmanagement versteht.

Unter Management wird allgemeinhin folgendes verstanden: Planung, Organisation, Führung und Kontrolle in einer Organisation, die bestimmte Ziele erreichen will. Jegliche Management-Aktivitäten sind in einen Regelkreislauf eingebunden, der sich an den Zielen der Organisation orientiert und aus Abweichungen von der Zielerreichung Maßnahmen ableitet –  in welcher Form auch immer.

In der Praxis fragen wir auf unseren Veranstaltungen und bei der Datenerhebung unserer Studien bei den Teilnehmern oftmals zu Beginn ab, ob und welche Ziele sie für ihr Ideenmanagement definiert haben. Das Ergebnis ist nahezu erschreckend und gibt Anlass zu einer kritischen Hinterfragung der Thematik: Nur rund ein Drittel der Befragten geben an, dass sie für ihr Ideenmanagement klar definierte und messbare Ziele haben. Noch viel weniger geben an, dass die Zielerreichung auch überprüft und nachgehalten wird.

Munzke und Schat haben bei der Auswertung von Ideenmanagement-Benchmarks des Zentrums Ideenmanagement nicht ganz so drastische, aber immerhin ähnliche Werte gefunden. Hier gaben ca. 40 Prozent der teilnehmenden Unternehmen an, Ziele zu haben, die auch im Rahmen eines Zielvereinbarungsprozesses nachgehalten werden.

Welche klar definierten und messbaren Ziele haben Sie für Ihr Ideenmanagement, an denen Sie Ihre Ideenmanagement-Aktivitäten ausrichten?

Anhand welcher Orientierungsmarken steuern Sie Ihren Ideenmanagement-Segler in welchen Hafen, um bei Seneca zu bleiben?

Wenn Sie sich jetzt fragen, wie definiere ich denn klare und eindeutige Ziele, dann nutzen Sie einfach die allgemein bekannten, sogenannten SMART-Kriterien. SMART-Kriterien für Ziele werden laut Wikipedia (Stand: November 2022) wie folgt erläutert: 

SMART-Regel-im-Ideenmanagement-1Abb. 1: HYPE in Anlehnung an https://de.wikipedia.org/wiki/SMART_(Projektmanagement)

 

In diesem Kontext könnten wir etwas überspitzt formulieren, dass ein Ideenmanagement ohne klar definierte, kommunizierte und messbare Ziele den Namen Ideenmanagement schlicht und ergreifend nicht verdient. Bestenfalls könnte man es dann noch Ideenverwaltung nennen – aber ganz sicher nicht Ideenmanagement. Auf der anderen Seite versetzt uns Ideenmanager das Fehlen von Zielen für das Ideenmanagement aber auch in eine sehr komfortable Position: Wir sind dadurch nicht (an-)greifbar. Durch das Fehlen von Zielen können wir entweder permanent oder aber gar nicht richtig kritisiert werden. Womit und wie auch, wenn keine Ziele definiert sind?

Seneca also möge es uns verzeihen, wenn wir ihn in diesem Kontext einmal ganz anders auslegen:

"Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist jeder Wind ein
           günstiger oder auch kein günstiger. Er segelt halt so vor sich hin."

 

Das geht in der Regel so lange gut, bis wir – meistens durch die Einführung anderer Management-Methoden oder Restrukturierungen mit externen Unternehmensberatern – hinterfragt oder auch in Frage gestellt werden.

Wie bestimmen Sie erfolgreich die Ziele für Ihr Ideenmanagement?

Hierfür bietet sich ein dreistufiger Prozess an:

1. Betten Sie das Ideenmanagement in das Unternehmensleitbild ein!

In der Regel besitzt jedes größere Unternehmen ein kommuniziertes Unternehmensleitbild. In der Definition heißt es bei Wikipedia (Stand November 2022): „Ein Leitbild ist eine schriftliche Erklärung einer Organisation über ihr Selbstverständnis und ihre Grundprinzipien, also eine Selbstbeschreibung. Es formuliert einen Zielzustand (realistisches Idealbild). Nach innen soll ein Leitbild Orientierung geben und somit handlungsleitend und motivierend für die Organisation als Ganzes sowie auf die einzelnen Mitglieder wirken. Nach außen (Öffentlichkeit, Kunden) soll es deutlich machen, wofür eine Organisation steht. Es ist eine Basis für die Corporate Identity einer Organisation. Ein Leitbild beschreibt die Mission und Vision einer Organisation sowie die angestrebte Organisationskultur. Es ist Teil des normativen Managements und bildet den Rahmen für Strategien, Ziele und operatives Handeln.“

Überlegen Sie sich gut, zu welchen Punkten des Unternehmensleitbilds Ihr Ideenmanagement in welcher Form einen Beitrag liefert. Sehr gut geeignet sind hier in der Praxis immer die Themen Unternehmenskultur, Mission und Vision, an die sich das Ideenmanagement gut andocken lässt.


2. Legen Sie die Zieldimensionen im Ideenmanagement fest!

In der Praxis haben sich folgende Zieldimensionen bewährt, innerhalb derer man dann nachfolgend konkrete Ziele anhand der oben genannten SMART-Kriterien definiert. Die Dimensionen sind auch nicht als exklusive Zieldimension zu verstehen, d.h. es kann durchaus sein, dass Sie Ziele in mehreren dieser Dimensionen definieren und nicht nur in einer:

Zieldimensionen-im-Ideenmanagement-1Abb. 2: Zieldimensionen nach HYPE 


Kostenreduktion:
In vielen Unternehmen wird das Ideenmanagement als Rationalisierungsinstrument gesehen. In diesem Fall sind Ziele relativ gut zu definieren. Seit Ende der 1950er Jahre existieren teilweise recht gute Benchmarkdaten, an denen man sein Unternehmen in den wesentlichen Kennzahlen verorten kann. Je nach statistischem Umfang existieren diese Kennzahlen bis auf eine spezifische Branche heruntergebrochen.

Qualitätsmanagement-Zertifizierungen (ISO 9000 Normenreihe):
In der ISO 9000 Norm wird die kontinuierliche Verbesserung als eine von acht Grundsätzen des Qualitätsmanagements aufgeführt und in der ISO 9001 Norm konkretisiert. Bestandteil der für viele Unternehmen relevanten ISO 9001 Zertifizierung kann ein Ideenmanagement sein. Die Einführung eines Ideenmanagements als eine der ISO 9001 Zertifizierung untergeordnete Maßnahme kann daher auch eine Zielsetzung sein. In dem Fall sind die Ziele des Ideenmanagements weniger auf Rationalisierungseffekte ausgerichtet und stärker auf die kontinuierliche Verbesserung sowie deren Dokumentation im Unternehmen. Ein Ziel kann im einfachsten Fall nur sein, ein Ideenmanagement im Rahmen der (Re-)Zertifizierung vorweisen zu können.

Marketing/PR:
Für einige Unternehmen, insbesondere mit einer Orientierung am angelsächsischen Kapitalmarkt, ist es von enormer Bedeutung, die Innovationsfähigkeit des Unternehmens und der Belegschaft in der Außendarstellung glaubhaft zu kommunizieren. In diesem Fall sind die Ziele des Ideenmanagements oftmals sehr stark daran ausgerichtet, Preise und Benchmarks zu gewinnen. Der Zieldefinition schalten sie dann eine Analyse der Vergabekriterien vor und richten das Ideenmanagement daran aus. Ergibt beispielsweise die Analyse einer Benchmark-Formel, dass die Anzahl der Ideen einen ganz wesentlichen Einfluss auf die Rangliste hat, dann bauen sie Elemente in ihr Ideenmanagement ein, welche die Anzahl der Ideen steigern. Das sind beispielsweise Prämien für das Einreichen jeder Idee, oder es werden weitere Verbesserungsprozesse wie z.B. KVP-Maßnahmen, Kundenbeschwerden etc. als Ideen gezählt. Verwerflich? Wenn es das Ziel ist, Preise zu gewinnen und diese in der Außendarstellung des Unternehmens gezielt einzusetzen, ist diese Vorgehensweise zumindest zielführend. Die Frage nach der Nachhaltigkeit ist sicher eine andere.


Führungsinstrument/Change Management:
Ist die Führungskraft im Ideenmanagementprozess erster Ansprechpartner für die Ideen der eigenen Mitarbeiter, dann ist das Ideenmanagement ein Führungsinstrument. Man spricht hier von einem Führungskräftemodell oder auch Vorgesetztenmodell.

Ideenmanagement wird dann sinnvollerweise als eine nicht delegierbare und messbare Führungsaufgabe verstanden.

Führungskompetenz als Soft Fact wird somit über das Ideenmanagement messbar. Das ist aus HR-Sicht ein interessanter Aspekt, da sich Soft Facts wie Führungskompetenz oftmals schlecht messen lassen. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Führungskraft mit wiederholt unterdurchschnittlichen Kennzahlen im Ideenmanagement auch in anderen Führungsdimensionen unterdurchschnittlich ist, ist sehr hoch. Aber Vorsicht! Einen Automatismus sollten Sie hier keinesfalls daraus ableiten. Konkret bedeutet das, dass eine Führungskraft mit schlechten Kennzahlen im Ideenmanagement nicht automatisch auch eine schlechte Führungskraft sein muss. Ein Indikator, um hier einmal genauer hinzuschauen, ist es aber allemal.

Die Einführung eines Führungskräftemodells selbst sollte nicht unterschätzt werden. Sie ist für sich genommen ein ausgewachsenes Change Management-Projekt, das mit entsprechend umfangreichen Maßnahmen und Werkzeugen des Veränderungsmanagements begleitet werden muss. Hier reden wir i.d.R. von einem Kulturwandel im Unternehmen. Veränderungen der Unternehmenskultur bedingen veränderte Einstellungen und Verhaltensweisen der Mitarbeiter und Führungskräfte und sind erfahrungsgemäß weder ein Selbstläufer noch kurzfristig erreichbar. Stellen Sie sich daher eher auf einen Marathon als einen Sprint ein und kommunizieren Sie das auch aktiv ins Unternehmen.

3. Definieren Sie Ihre operative Ziele anhand der Zieldimensionen!

Um das Ganze anschaulicher zu machen, verdeutliche ich dies exemplarisch für die Zieldimension Kostenreduktion.

Auf den ersten Blick sollte man vermuten, dass sich Kennzahlen wie beispielsweise diese gut eignen:

  • die rechenbare Einsparung des Unternehmens oder einzelner Bereiche
  • die durchschnittliche Einsparung pro Mitarbeiter
  • oder gar die durchschnittliche Einsparung pro Idee

Bei genauerem Hinsehen sind diese insbesondere, wenn sie Eingang in Zielvereinbarungen mit Mitarbeitern/Führungskräften finden sollen weniger geeignet. Aus der Beratungspraxis empfehlen wir hier eher Kennzahlen, die sich indirekt auf das Ziel der Kostenreduktion positiv auswirken, wie z.B. 

  • die Beteiligungsquote
  • die Durchlaufzeit
  • die Realisierungsquote
  • oder die Anzahl durchgeführter Workshops zur Ideengenerierung als ein aktives Element des Ideenmanagements.

Empfehlenswert ist bei der Zieldefinition nach den o.g. SMART Kriterien, dass Sie Ziele nicht absolut definieren, sondern als Zielkorridore. Diese Zielkorridore legen Sie über einen mehrjährigen Zeitraum als Planungsgrößen an und überprüfen die Validität jährlich, ob diese auch realistisch erreichbar sind oder nicht. Sie können hier auch in bestimmten Jahren die Spreizung der Zielkorridore verringern oder bestimmte Schwerpunkte setzen je nachdem, welche unterstützende Maßnahmen Sie einplanen. Die nachfolgende Tabelle kann Ihnen dabei als Orientierung dienen:

Lassen Sie uns die hier beispielhaft gezeigten, heruntergebrochenen Ziele noch einmal im Kontext der o.g. SMART Kriterien überprüfen:

S = Spezifisch: Es sind zwar Zielkorridore definiert, aber die Ziele sind dennoch eindeutig und nicht etwa vage formuliert.

M = Messbar: Die Ziele sind definitiv eindeutig messbar und die meisten Softwareprodukte geben diese auf Knopfdruck aus, teilweise sogar in Relation von Soll-/Ist-Kennzahlen.

A = Akzeptiert: Nur weil wir die Ziele festgelegt haben, müssen diese noch lange nicht von den Empfängern akzeptiert werden. In diesem Punkt ist sicherlich eine Herleitung und Erläuterung der gewählten Zielkorridore für die Empfänger auf Basis von Vergleichswerten empfehlenswert.

R = Realistisch: Auch hier empfiehlt es sich, die gewählten Zielkorridore einmal unter mehreren Annahmen durchzuspielen und insbesondere auch das Ausgangsniveau zu berücksichtigen. Spielen Sie das ruhig einmal durch und leiten Sie anhand der Quoten absolute Zahlen bzgl. der Anzahl der zu erwartenden Ideen her.

T = Terminiert: Die Terminvorgaben sind klar und eindeutig und üblicherweise auf ein (Geschäfts-)Jahr bezogen.

Für die Zieldimension des Führungsinstrument bzw. Change Managements sind ebenfalls die o.g. Kennzahlen relevant. Hier ist aber eine stärkere Gewichtung auf die Beteiligungsquote und die Realisierungsquote ratsam. Auf die Zieldimension Qualitätsmanagement-Zertifizierungen sowie Marketing/PR wurde bereits oben eingegangen, so dass diese an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Erfolg bei der Bestimmung Ihrer Zielhäfen, so dass Sie jeden Wind gut nutzen können, um Ihren Zielhafen zu erreichen auch wenn Sie hierbei vielleicht nicht immer Rückenwind haben werden.


 

Sie haben noch Fragen oder benötigen weitere Informationen zu diesen Themen? Wir stehen Ihnen gerne zur Seite, mailen Sie uns einfach: marketing@hype.de

 

Quelle:

Wikipedia: SMART Projektplan
https://de.wikipedia.org/wiki/SMART_(Projektmanagement)

 

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