Das Ideenmanagement gibt allen Mitarbeitern die Möglichkeit, sich mit Ideen und Vorschlägen einzubringen. Doch warum sollten Mitarbeiter das tun? Was haben sie davon, wenn sie sich über ihre Arbeitsaufgabe hinausgehend für das Unternehmen engagieren? Neben „Prämien“ gibt es eine ganze Reihe weiterer Antworten auf diese Fragen.

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Ideenmanagement als Angebot für Mitarbeiter

Eine Beteiligung am Ideenmanagement ist freiwillig – das hatte ich bereits im Blogbeitrag vom 05.12.2019 als ein Alleinstellungsmerkmal des Ideenmanagements hervorgehoben und nochmals in den Blogbeiträgen vom 27.11.2020 (zu den Unterschieden gegenüber KVP und Innovationsmanagement) und vom 14.01.2021 (zum Prinzip der Serendipität) vertieft. Von jeher stellt sich für die Verantwortlichen im Ideenmanagement daher die Frage, was bzw. wie man Mitarbeiter motiviert, sich zu beteiligen. Ein entsprechend großer Teil der Literatur zum Ideenmanagement beschäftigt sich mit genau dieser Frage (so auch Abschnitt 4.2 in der „Toolbox Ideenmanagement“ sowie die ausführlichen Exkurse zur Motivationstheorie und Abschnitt 4.9 in den „Modellen des Ideenmanagements“).

Dem wäre eigentlich kaum etwas hinzuzufügen – nach dem Blogbeitrag vom 26.07.2021 zum Nutzen für die Unternehmensseite möchte ich hier trotzdem auch noch auf den Nutzen des Ideenmanagements für die Mitarbeiter eingehen und stelle dabei folgende wesentliche Vorteile in den Vordergrund:

  • Garantiert Gehör finden und Feedback erhalten (auf Ideen und Vorschläge)
  • Verbesserungen für die eigene Arbeit erzielen (bei Umsetzung entsprechender Ideen)

Gehör und Feedback

Gegenüber mündlichen Mitteilungen haben im Ideenmanagement eingereichte Vorschläge den Vorteil, dass sie dokumentiert sind und nicht untergehen können. Damit bietet das Ideenmanagement als Nutzen, mitbestimmen zu können, welche Themen im Unternehmen beachtet werden sollen (zumindest in dem für das Ideenmanagement zugelassenen, meist sehr weit gefassten Themenspektrum). Das Ideenmanagement garantiert Gehör und Beachtung.
  • Nach Ergebnissen einer aktuellen Untersuchung von Andrea Badura und Finn Reiche (siehe den Artikel „Ideenmanagement als Business model“ im Heft „Ideen- und Innovationsmanagement 02/21“, Erich Schmidt Verlag, Berlin) ist die Funktion des „Ideenmanagements als Mitbestimmungsinstrument“ ein sogenanntes „Leistungsmerkmal“: Wenn es erfüllt ist, fördert es Zufriedenheit, fehlt es, entsteht Unzufriedenheit.

Gleichzeitig garantiert das Ideenmanagement die Dokumentation der „Urheberschaft“. Sich als „Urheber“ von Wirkungen erleben zu können, ist ein Grundbedürfnis von Menschen und zentraler Gegenstand im Konzept der Selbstwirksamkeitserwartung (mehr dazu im Blogbeitrag „Erfahrung der Selbstwirksamkeit im Ideenmanagement“). Urheberschaft anzuerkennen, drückt Wertschätzung aus.

Die mindeste Wirkung, die im Ideenmanagement eingereichte Vorschläge immer haben, besteht darin, dass der Einreicher Feedback erhält. Das Ideenmanagement stellt sicher, dass der Einreicher erfährt, was aus seiner Idee geworden ist. Das kann allerdings auf sehr unterschiedliche Art und Weise geschehen – und für Einreicher ebenso unterschiedlich „wertvoll“ sein.
  • Feedback soll zeitnah sein. Im Idealfall können sich Einreicher jederzeit über den aktuellen Stand der Bearbeitung informieren. In Mitarbeiterbefragungen nach Verbesserungsbedarfen im Ideenmanagement steht „mehr Informationen über den Stand der Bearbeitung“ stets an einer der vordersten Stellen und wird deutlich häufiger als wichtig bewertet als etwa „höhere Prämien“ (siehe Abb. 55 in der „Toolbox Ideenmanagement“). In der o.g. Untersuchung von Badura und Reiche wurde der „permanente Zugriff auf den aktuellen Stand“ als ein „Begeisterungsmerkmal“ identifiziert.
  • Feedback soll annehmbar im Sinne von verständlich und nachvollziehbar sein. Das ist bei einer Ablehnung der Idee besonders wichtig. Im Idealfall trägt das Feedback zu einer Qualifizierung des Mitarbeiters bei, indem sein Verständnis der Hintergründe und Zusammenhänge wächst, aufgrund derer der Vorschlag nicht umgesetzt wird.
  • Feedback soll persönlich überbracht werden. Auch das ist bei einer Ablehnung besonders wichtig, um unvermeidbare Gefühle der Enttäuschung auffangen zu können, und wurde von Badura und Reiche [ibid.] ebenfalls als „Begeisterungsmerkmal“ identifiziert. Doch selbst bei einer Umsetzung ist die persönliche Überreichung einer Prämie aufgrund der damit verbundenen zwischenmenschlich-emotionalen Komponente ungleich motivierender als eine Mitteilung (nur) per Brief, E-Mail oder Systemmeldung (mehr dazu in den Blogbeiträgen zum „Gehirn als Lustsucher“ und „Neuromarketing für das Ideenmanagement“).
  • Je nach konkreter Situation kann Feedback aber auch ganz ohne individuelle Rückmeldung gegeben werden. Ein Beispiel sind Kampagnen, bei denen von vornherein klar ist, dass nur wenige ausgewählte Ideen umgesetzt werden und der Rest unberücksichtigt bleiben wird. Sich nicht unter den „Gewinnern“ zu finden, ist dann auch ein eindeutiges Feedback, das bei angemessener Kommunikation im Vor- und Umfeld leicht annehmbar ist (mehr dazu im Blogbeitrag „Kampagnen, Wettbewerbe und andere Sonderaktionen“).

Feedback soll nicht zuletzt wertschätzend und wohlwollend sein. Auch bei einer Ablehnung wird von Einreichern zu Recht Anerkennung für ihr Engagement erwartet.

Prämien sind eine besondere Form eines anerkennenden Feedbacks, die vor allem bei einer Umsetzung der Idee gewährt wird. Die Bereitschaft, Geld fließen zu lassen, zeigt, dass man die schönen anerkennenden Worte tatsächlich ernst meint (beim Geld hört ja der Spaß bekanntlich auf…). Die Bedeutung von Prämien im Gesamtpaket des „Nutzenangebots“ an Mitarbeiter bzw. Einreicher wird dennoch oft überschätzt – etwa im Vergleich zur Erwartung von aktueller Information (siehe oben) oder von schneller Bearbeitung und Umsetzung (siehe unten).

  • Mitarbeiter bzw. Einreicher erwarten von Prämienregelungen vor allem, dass sie fair, transparent und nachvollziehbar sind. Die absolute Höhe spielt dagegen eine geringere Rolle (zum Unterschied zwischen Verfahrens- und Verteilungsgerechtigkeit siehe den Exkurs „Motivationstheorie: Motive und Handlungen“ in den „Modellen des Ideenmanagements“).

Verbesserungen für die eigene Arbeit

Bei vielen umgesetzten Vorschlägen profitiert der Einreicher direkt von der Umsetzung – beispielsweise durch Arbeitserleichterungen oder durch die Beseitigung von störenden Ärgernissen.

  • Dass Einreichern tatsächlich vor allem an einer Umsetzung ihrer Ideen gelegen ist, zeigt sich in Mitarbeiterbefragungen. Meistens wird dort eine „schnellere Bearbeitung und Umsetzung“ am häufigsten als wichtiger Verbesserungsbedarf benannt (siehe Abb. 55 in der „Toolbox Ideenmanagement“).
  • Erfolgserlebnisse zu haben und stolz sein zu können, weil man mit eigenen Ideen etwas bewirken konnte, ist ein weiterer (sekundärer) Nutzenaspekt, der unmittelbar mit der Umsetzung zusammenhängt – auch bei Vorschlägen, die dem Einreicher selbst keinen direkten Nutzen bringen. Dies entspricht dem oben bereits genannten „Leistungsmerkmal“, mit Hilfe des Ideenmanagements in gewisser Weise „mitbestimmen“ zu können. Manche Unternehmen kennzeichnen daher alle umgesetzten Vorschläge mit einem Aufkleber, um den Mitarbeitern zu signalisieren, dass ihre Ideen fruchten (siehe Praxisbeispiele im o.g. Blogbeitrag zur Selbstwirksamkeit).
Dass die Ausführungen zu „Verbesserungen“ hier viel kürzer ausfallen als die zu „Gehör und Feedback“, heißt nicht, dass dieser Teil des Wertangebots unwichtiger wäre als der andere – ganz im Gegenteil! Das Thema „Gehör und Feedback“ habe ich an den Anfang gestellt, weil es (abgesehen vom Aspekt „Prämie“) für jeden Vorschlag relevant ist, während das Thema „Verbesserungen“ naturgemäß nur die umgesetzten Vorschläge betrifft.

Differenzen zwischen dem Nutzenversprechen und den Ansprüchen der Mitarbeiter bzw. Einreicher zeigen sich am stärksten in der Schnelligkeit der Bearbeitung (und damit auch des Feedbacks hinsichtlich der Entscheidung), einschließlich der Umsetzung, und in der Aktualität von Informationen über den Bearbeitungs- und Umsetzungsstand – alles Faktoren, die im Wesentlichen von der Performance der Gutachter bzw. Entscheider abhängen. Hierauf werde ich noch an anderer Stelle näher eingehen.

Insgesamt lassen sich Nutzenaspekte des Ideenmanagements für Mitarbeiter ebenso zwei Kategorien von „direktem“ und „indirektem“ Nutzen zuordnen, wie ich das in dem früheren Blogbeitrag für den Nutzen des Unternehmens getan hatte. Als „direkten“ Nutzen bezeichne ich hier, was für den Einreicher in der „physischen Außenwelt“ wirksam wird, als „indirekten“ Nutzen, was er in seiner „psychischen und mentalen Innenwelt“ erlebt. Feedback wirkt sowohl in der „Innenwelt“ als auch – in Form von Prämien – in der „Außenwelt“. In der folgenden Abbildung sind dem Nutzenangebot des Ideenmanagements die jeweiligen Ansprüche und Erwartungen der Mitarbeiter zugeordnet.

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Abbildung: Direkte und indirekte Nutzeneffekte des Ideenmanagements für Mitarbeiter. In grüner Schrift sind die jeweiligen Ansprüche und Erwartungen der Mitarbeiter zugeordnet.

Mit Ideenmanagement kann man sein Einkommen aufbessern – aber es bietet noch mehr! Machen Sie auch auf die Vorteile für verbesserte Arbeitsbedingungen, Mitsprache und Erfolgserlebnisse aufmerksam und rücken Sie alle Nutzenangebote in das richtige Licht!


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