Benchmarking ist ein bewährtes Managementinstrument. Auch im Ideenmanagement haben Kennzahlenvergleiche eine lange Tradition. Der gemeinsam mit erfahrenen Praktikern neu entwickelte bundesweite „Kennzahlenvergleich Ideenmanagement 2019“ bietet aktuell die größte Datenbasis für eine zuverlässige jährliche Standortbestimmung in Deutschland.

Vergleichen ist ein in Menschen tief verankertes Verhaltensmuster und Grundlage von Lernprozessen. Viele Daten erhalten erst dadurch Aussagekraft, dass man sie in Relation zu anderen Daten setzt. Dies wird schön von der in verschiedenen Varianten erzählten Parabel des Königs verdeutlicht, der einen Weisen aufforderte, einen in den Sand gezogenen Strich zu verkürzen, ohne ihn zu berühren. Was machte der Weise? Er zog daneben einen parallelen, aber längeren Strich in den Sand.

Eine kurze Geschichte des Benchmarking im Ideenmanagement

Für das Ideenmanagement bot die sogenannte „dib-Statistik“ über viele Jahrzehnte hinweg eine leidlich brauchbare Orientierungshilfe über den jährlichen Stand der wichtigsten Kennzahlen. Schwächen der dib-Statistik lagen allerdings darin, dass die Ergebnisse als reine „Zahlenwüsten“ präsentiert wurden und keine Visualisierung in Diagrammen erfolgte; dass mit arithmetischen Mittelwerten operiert wurde, aber keine Angaben zu Medianwerten gemacht wurden; und dass es keine Auswertungen zu Korrelationen zwischen verschiedenen Kennzahlen gab.

Auch der konzeptionelle Ansatz, ein Ranking von Unternehmen anhand einer einzigen Kenngröße – der „dib-Kennzahl“ – zu erstellen, erwies sich als wenig hilfreich. Wie im Blogbeitrag vom 02.01.2020 dargelegt, gibt es mehrere Dimensionen, in denen Unternehmen „gut“ sein können – und worin sie „gut“ sein wollen, hängt von der jeweiligen Unternehmenspolitik und daraus resultierenden Zielen und Prioritäten ab. In Rankings „vorne“ zu stehen und dafür mit irgendwelchen Awards ausgezeichnet zu werden, mag für das Marketing des Ideenmanagements in den gekürten Unternehmen nützlich sein – im Hinblick auf den Erkenntnisgewinn ist es jedoch kontraproduktiv, wenn Kennzahlenvergleiche als Basis für Rankings und Awards genutzt werden.

Nach dem Ende der dib-Statistik gab es mehrere Versuche, einen Ersatz zu schaffen, die jedoch entweder aufgrund ihrer eher akademischen Herangehensweisen für den Praktiker wenig Substanz boten, oder die aufgrund ihres perfektionistischen Ansatzes im Rückblick geradezu bizarr erscheinen (wie der Versuch, „zertifizierte“ Kennzahlen zu erheben, was auf „hochgenaues Rechnen mit ungenauen Zahlen“ hinauslief).

Ein neues Tool für die Praxis:                      Der „Kennzahlenvergleich Ideenmanagement“

Vor diesem Hintergrund wurde der „Kennzahlenvergleich Ideenmanagement“ im Rahmen einer Initiative aus der Praxis für die Praxis gestartet und erstmals für das Kalenderjahr 2018 durchgeführt (mit 109 teilnehmenden Unternehmen). Getragen wird die Initiative von 50 Unternehmen verschiedenster Branchen und Größen. Das Konzept wurde gemeinsam mit erfahrenen Experten aus zahlreichen Unternehmen entwickelt, um ein Höchstmaß an Praxisrelevanz sicherzustellen.

Die Auswertung gibt in aussagefähigen und anschaulichen Diagrammen Auskunft über die zentralen Charakteristika eines Ideenmanagements – etwa im Hinblick auf die …

… Kulturdimension des Ideenmanagements (Beteiligung und Vorschlagsaktivität),

… Qualitäts- und Nutzendimensionen (realisierte Verbesserungen plus dadurch evtl. erzielte errechnete Einsparungen),

… Prozessqualität (Abarbeitungsquoten).

Die wichtigsten Vorteile des Kennzahlenvergleichs Ideenmanagement

  • Die Teilnahme ist grundsätzlich unentgeltlich.
  • Die Erfassung der Daten ist denkbar einfach und schnell, da nur wenige zentrale Daten abgefragt werden (siehe Abbildung 1). Führende Softwarehersteller bieten die Bereitstellung dieser Daten bereits per Mausklick aus dem System heraus an.

Blog-5-1_Kennzahlenstruktur_2020-01-30

Abbildung 1: Datenstruktur im Kennzahlenvergleich Ideenmanagement

 
 
  • Jeder Teilnehmer erhält einen individuellen Ergebnisbericht, in der er seine eigene Position im Vergleich zu allen anderen Teilnehmern sieht, aber gegenüber den anderen Teilnehmern anonym bleibt (dementsprechend sieht er auch nicht, welches Unternehmen jeweils im Einzelnen hinter den anderen Datenpunkten steht).
  • Die individuellen Ergebnisberichte enthalten u.a. folgende Auswertungen (nähere Erläuterungen zu den Definitionen der Kennzahlen finden sich auf meiner Webseite):

        - In Säulendiagrammen veranschaulichte Häufigkeitsverteilungen zu folgenden            Kennzahlen: Anzahl der Mitarbeiter, Beteiligungsquote, Vorschlagsquote,                      Umsetzungsquote, Einsparungsquote, Umsetzungsanteil, Einsparung pro                    umgesetzte Vorschläge, Einsparung pro abgeschlossene Vorschläge,                              Abarbeitungsanteil.

        - Individuelle Streudiagramme („Punktwolken“), in denen die jeweils eigene                    Position in Gegenüberstellungen der „Kulturdimension“ (x-Achse) zum                          Umsetzungsanteil, zur Einsparung pro abgeschlossene Vorschläge, zur                          Einsparung pro umgesetzte Vorschläge, zur Umsetzungsquote, zur                                Einsparungsquote und zur „Nutzendimension“ (y-Achsen) im Vergleich zu allen            anderen Teilnehmern veranschaulicht wird – als Beispiel für ein derartiges                    Diagramm sind in Abbildung 2 einige mögliche Positionen in der                                    Gegenüberstellung der „Kulturdimension“ zur Einsparungsquote erläutert.

        - Anschauliche Darstellungen der Zusammenhänge und Korrelationen zwischen            den verschiedenen Kennzahlen.

        - Die Ergebnisse werden jeweils für alle Unternehmen insgesamt, sowie                           getrennt nach „Produktion“ und „Nicht-Produktion“ wiedergegeben.

  • Die Ergebnisberichte werden exklusiv für die teilnehmenden Unternehmen erstellt. Ein Erwerb des Ergebnisberichts durch nicht teilnehmende Unternehmen ist nicht möglich.

Blog-5-2_Beispieldiagramm_2020-01-30

Abbildung 2:Anhand fiktiver Kennzahlen veranschaulicht dieses Diagramm das Prinzip der Gegenüberstellung verschiedener Dimensionen im Ergebnisbericht des „Kennzahlenvergleichs Ideenmanagement“: Das betrachtete Unternehmen sieht seine eigene Position hervorgehoben (zum besseren Verständnis sind hier vier mögliche Positionen gleichzeitig markiert, die nachfolgend noch erläutert werden – in den realen Ergebnisberichten ist jeweils nur ein Punkt markiert), sowie die Positionen aller anderen Unternehmen (diese jedoch anonymisiert).
Position A: markiert eine stark ausgeprägte Kulturdimension, mit nur geringer finanzieller Einsparung pro Mitarbeiter.
Positionen B und C: markieren zwei gleichhohe Einsparungsquoten, die allerdings in
Position C mit einem geringeren Bearbeitungsaufwand (aufgrund der geringeren Anzahl eingereichter Vorschläge) erzielt wird. Dafür ist in Position B die Kulturdimension stärker.
Position D: markiert eine nur gering ausgeprägte Kulturdimension, mit nur geringer finanzieller Einsparung pro Mitarbeiter.
 
 
 

Damit bietet der Kennzahlenvergleich Ideenmanagement eine solide Orientierung über den eigenen Stand und kann als Anregung zu gezielten Weiterentwicklungen genutzt werden. Den eigenen Stand im Hinblick auf relevante Kenngrößen zu kennen und in Relation zu realistischen Vergleichswerten einordnen zu können, ist eine der Voraussetzungen dafür, ein Ideenmanagement auf Erfolgskurs steuern zu können.

Darüber hinaus ist der Kennzahlenvergleich eine hervorragende Basis für ein intensives „Benchmarking face-to-face“, wie es bei persönlichen Begegnungen in gut moderierten Arbeitskreisen seit jeher praktiziert wird. Grundlagen hierfür hatte ich bereits im Artikel „Von statistischen Vergleichen zum Benchmarking“ beschrieben (erschienen 2003 in: BVW-Ideenmanagement – Vorschlagswesen in Wirtschaft und Verwaltung 1, 27-32. Berlin: Erich Schmidt Verlag.), und einige konkrete Beispiele hierfür z.B. in meinem Aufsatz „Kennzahlen, Reporting und Benchmarking“ vorgestellt (erschienen 2016 in: Jäckel, Ariane u.a. (Hg). Zukunftsorientiertes Ideenmanagement: Anforderungen und Entwicklungstendenzen. Kassel: Universität Kassel.). Über weitere Beispiele und Anwendungsmöglichkeiten werde ich noch in späteren Beiträgen dieses Blogs berichten.

Sinn und Unsinn von Kennzahlenvergleichen

Zum Schluss noch ein grundsätzlicher Gedanke zum Sinn und Unsinn von Kennzahlenvergleichen im Ideenmanagement. Natürlich vergleicht man Äpfel mit Birnen. Und wie der Volksmund weiß, hinkt jeder Vergleich. Trotzdem ist ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen besser als gar nichts. Wenn sich zwei Wanderer auf den Weg machen, und der eine als Proviant einen Apfel, der andere zehn Birnen mitnimmt, dann kann man doch stark vermuten, dass der erste seinen Proviant eher geleert hat und evtl. Hunger bekommt als der andere. Und wenn beide teilen, wird der mit den Birnen mehr abgeben können als der mit dem Apfel … :-)


  • Falls Sie nun neugierig geworden sind, können Sie das Datenblatt direkt hier (((https://www.hartmut-neckel.de/images/Datenblatt-Ideenmanagement_2019_Formular.pdf))) herunterladen, ausfüllen und an benchmark@hartmut-neckel.de senden!

 

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