„Von nichts kommt nichts“ – das ist auch für das Ideenmanagement eine Binsenwahrheit. Daher überrascht es nicht, dass ein „erfolgreiches“ Ideenmanagement einhergeht mit angemessenen personellen, technischen und finanziellen Ressourcen. Was im Einzelfall „angemessen“ ist, hängt davon ab, wie die Aufgaben und Prozesse des Ideenmanagements definiert sind.

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In vielen Unternehmen ist Ideenmanagement längst mehr als das Erfassen und Nachverfolgen von eingereichten Vorschlägen. Ideenmanager unterstützen ihre Organisation aktiv bei der Generierung und Bewertung von Vorschlägen und sind lokal die ersten Ansprechpartner bei Fragen und Problemen. Sie agieren als komplette Programm-Manager, die ihr Thema allen Stakeholdern „verkaufen“ und darstellen, die Promotion für das Programm vor Ort betreiben und für entsprechende Weiterbildungs- und Informationsmöglichkeiten sorgen.

Wie bei allen Programmen und Aufgaben können gute Ergebnisse nur erwartet werden, wenn qualifizierte personelle und ausreichend dimensionierte materielle Ressourcen (etwa Infrastruktur wie Räumlichkeiten und Software, jährliche Budgets für Informationsmaterial und Hilfsmittel) bereitgestellt werden.

Ein fester Personalschlüssel ist sicher nicht sinnvoll, da die lokalen Gegebenheiten zu unterschiedlich sind. Aber für eine grobe Orientierung kann als Erfahrungswert aus vielen Standorten und Unternehmen von einer Vollzeitstelle pro 1.000 jährlich neu eingereichter Vorschläge ausgegangen werden.

  • Falls nur sehr wenige Vorschläge pro Mitarbeiter eingereicht werden, empfehlen wir einen höheren Schlüssel, da zunächst mehr Zeit für Informations- und Motivationsmaßnahmen benötigt wird. Weil der Aufwand hierfür von der Anzahl der Mitarbeiter abhängt, kann eine Vollzeitstelle pro 1.000 Mitarbeitern als Orientierungsgröße dienen.
  • Wo Ideenmanager in Personalunion gleichzeitig auch für andere Aufgaben zuständig sind, muss – am besten durch gemeinschaftlich erzielten Konsens – konkret definiert werden, wie sich die Arbeitszeit auf die verschiedenen Aufgaben verteilen soll. Aussagen nach dem Motto „Nehmen Sie sich dafür so viel Zeit, wie Sie brauchen“ lassen die betroffenen Mitarbeiter im Dauerkonflikt um Priorisierung und Ressourcenverteilung allein (denn das wird ja von allen Aufgaben gesagt!). Im Zweifelsfall wird dann den eigenen Vorlieben oder dem Weg des geringsten Widerstands (bzw. der lautesten Stimme) gefolgt.


Sobald es um die Frage des Ausstattungsbedarfs (Aufwand, Investition) geht, steht natürlich sofort auch die Frage nach dem Nutzen im Raum: „Lohnt sich das?“ Im Kennzahlenvergleich für das Corona-Jahr 2020 wiesen immerhin 60 Prozent, im Kennzahlenvergleich Ideenmanagement 2019 sogar zwei Drittel aller teilnehmenden Unternehmen eine errechnete Netto-Erstjahreseinsparung über 100 Euro pro Mitarbeiter aus. Das bedeutet in einem Beispielunternehmen mit 1.000 Mitarbeitern einen finanziellen Nutzen von mindestens 100.000 Euro. Damit dürfte sich eine Vollzeitstelle problemlos bezahlt machen. Und dabei wurden der finanzielle Nutzen in den Folgejahren, der Nutzen aus den vielzähligen nicht-rechenbaren Verbesserungen und der kulturelle Nutzen noch gar nicht mitbetrachtet (die verschiedenen Nutzenaspekte waren als Erfolgskriterien Thema im Blogbeitrag vom 02.01.2020).

Fazit: Eine vernünftige Ausstattung lohnt sich! Sie bewirkt in den meisten Unternehmen einen Gesamtnutzen mindestens mit einer „schwarzen Null“, in vielen Unternehmen auch mit einem „Return on Investment“ deutlich über 1:1 – nicht selten sogar mit 1:3 oder 1:4 (bei konservativer Betrachtung).

Praxisbeispiele

Muhr und Bender: An jedem der drei deutschen Standorte (mit insgesamt rund 3.500 Mitarbeitern) gibt es einen Ideenmanager, der in Vollzeit für das Ideenmanagement tätig ist.

  • Der Ideenmanager in der Zentrale verantwortet das Ideenmanagement aller Standorte gegenüber der Geschäftsleitung.
  • Zusätzlich ist in jeder Geschäftseinheit je Standort ein Ideenkoordinator benannt, der 20-25% seiner Zeit für das Ideenmanagement zuständig ist und den Mitarbeitern vor Ort als erster Ansprechpartner zur Verfügung steht.
  • In regelmäßigen Abständen findet eine Abstimmung zwischen Ideenmanagern und Ideenkoordinatoren statt, um offene Punkte zu klären und einen sauberen Prozess zu gewährleisten. Das geschieht insbesondere auch bei Ideen, die das Potenzial haben, über einzelne Bereiche und Standorte hinaus realisiert zu werden.

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Abbildung 1: Schematische Darstellung der Personalressourcen für das Ideenmanagement. [Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der Muhr und Bender KG]

Siemens Energy: Als personelle Ressourcen für das Ideenmanagement sind „3i Referenten“ und „CIP Koordinatoren“ die Treiber und Experten für Kontinuierliche Verbesserung auf allen Ebenen und im Zusammenwirken der verschiedenen KVP-Initiativen.

Als räumliche Ressourcen bieten die „CIP Areas“ Arbeitsraum, z.B. für Ideen-Workshops oder Projektarbeiten, und ermöglichen zusätzlich einen konzentrierten Überblick über alle 3i und CIP Aktivitäten.

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Abbildung 2: Beispiel für eine „CIP Area“ an einem Standort von Siemens Energy. [Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der Siemens Energy SE]

Viessmann: Zu den technischen Ressourcen für das Ideenmanagement zählen auch digitale Zugangswege. Bereits seit Ende 2017 ist das Ideenmanagement bei Viessmann auch über die Mitarbeiter-App Vi2Go zugänglich. Damit findet sich das Ideenmanagement an prominenter Stelle neben Speiseplänen, interner Stellenbörse, News, usw. Die App ist auch von privaten Rechnern und Smartphones aus und über Internet zugänglich. Sie darf auch während der Arbeitszeit genutzt werden und ist in allen Landessprachen verfügbar, die für das Ideenmanagement relevant sind. Über die Möglichkeit der Spracheingabe von Ideen mit Hilfe von „Alexa“ wurde bereits im Blogbeitrag über „Künstliche Intelligenz für das Ideenmanagement“ am 27.08.2020 berichtet. Das Ideenmanagement-Portal ermöglicht es zudem, Ideen einzureichen, zu „teilen“ oder zu „liken“. Auch der Bearbeitungsstatus der eigenen Idee kann über Vi2Go verfolgt werden.

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Abbildung 3: Das Ideenmanagement auf der in allen relevanten Landessprachen verfügbaren Mitarbeiter-App Vi2Go. [Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der Viessmann Climate Solutions SE]

 

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Abbildung 4: Ideenmanagement-Portal mit der Möglichkeit, Ideen einzureichen, zu „teilen“ oder zu „liken“. [Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der Viessmann Climate Solutions SE]

Für die im Ideenmanagement weltweit tätigen Mitarbeiter findet (in „Nicht-Corona-Zeiten“) jährlich eine dreitägige Veranstaltung an wechselnden Standorten in verschiedenen Ländern statt. Themenwünsche werden im Vorfeld in einer Online-Umfrage bei den Ideenmanagern aller Länder abgefragt. Die Vorbereitung wird mit dem Geschäftsführer des jeweiligen Standorts abgestimmt. Durch dessen Teilnahme oder Begrüßung vor Ort hat die Veranstaltung stets einen hohen Stellenwert. Das Rahmenprogramm umfasst gemeinsame Aktionen, wie z.B. in einem Jahr eine Wanderung oder in einem anderen Jahr eine Bootsfahrt im Spreewald („alle in einem Boot“). Typischerweise nehmen an den Veranstaltungen 20-25 Personen teil.

Konkrete Praxisbeispiele, in denen die Ausstattung des Ideenmanagements durch „Künstliche Intelligenz“ unterstützt wird, finden Sie im Blogbeitrag vom 27.08.2020.

Lesen Sie auch die Beiträge zu anderen Erfolgsfaktoren:

Alle Erwähnungen von Produkten und Unternehmen sind redaktioneller Natur und wurden nicht bezahlt.

Hinweis: Die Identifikation und Beschreibung der „Erfolgsfaktoren“ basiert auf einem von Magnus Brückner (Siemens Energy) entwickelten Trainingskonzept für Führungskräfte, das wir für diese Serie von Blogbeiträgen u.a. im Expertenkreis „Globales Ideenmanagement“ gemeinsam weiter ausgearbeitet haben. An diesem Blogbeitrag wirkten als Co-Autoren insbesondere mit: Peter Becker (Viessmann Climate Solutions SE), Magnus Brückner (Siemens Energy) und Roland Müller (Muhr und Bender KG).


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